Tag 27

Test - Test - Test

Wir sind wieder zurück. Zurück in der „alten“ Klinik, zurück in dem Zimmer, in dem wir ganz am Anfang schon waren, zurück in Isolationshaft. Aber diesmal nicht nur für einen Tag wie am Anfang, sondern sieben Tage lang, also fast die ganze restliche Zeit, die wir hier noch haben.

Und das, obwohl wir am Dienstag im anderen Krankenhaus extra noch getestet wurden, ob wir dieses doofe Virus haben. Und am Mittwoch hier auch nochmal, weil die eine Klinik der anderen Klinik nicht traut, dass sie den Test richtig gemacht hat…

Obwohl wir die wahrscheinlich am meistgetesteten Testpersonen sind – inzwischen schon vier Mal innerhalb von vier Wochen – und in dem anderen Krankenhaus sowieso fast nur in unserem Zimmer waren, müssen wir jetzt sieben Tage lang in ein Einzelzimmer, dürfen nicht in die Gemeinschaftsräume uns nicht auf dem Flur aufhalten, sondern nur auf schnellstem Weg zu den Therapien oder ganz nach draußen.

Voll-Streckung

Ich wurde viel geärgert. Am Montag fand ja die Operation statt, bei der meine Muskelhäute eingeritzt wurden, um meine Beine besser strecken zu können. Seitdem tut es ziemlich weh, vor allem bei bestimmten Bewegungen, wenn Mama mich wickelt oder mir die Beinschienen anlegt, mit denen ich die Beine nur gestreckt halten kann.

Wenn ihr schon mal eine Muskelzerrung hattet, könnt ihr euch ungefähr vorstellen, wie es mir jetzt geht… Leider ist es wichtig, dass die Beine viel gedehnt und bewegt werden, sonst bildet sich alles wieder zurück und die ganze Quälerei war umsonst.

Im Moment möchte ich die Beine am liebsten immer anziehen, weil es da am wenigsten wehtut. Aber zum Glück macht mein Physiotherapeut das ganz ganz vorsichtig. Außerdem singt er mir dabei mit seiner tiefen Stimme was vor und massiert mich, das fühlt sich an wie Wellnessprogramm und ich merke kaum, dass ich arbeite.

Die blauen Beinschienen muss ich immer wieder stundenweise tragen, zum Glück nicht den ganzen Tag und die ganze Nacht wie meine Orthesen. Das sind die pinkfarbenen „Stiefel“, die ich schon vorher hatte. Bisher musste ich sie aber auch nur ein paar Stunden am Tag anziehen.

Jetzt muss ich sie dauernd tragen, aber das war nur in der ersten Nacht unangenehm. Mittlerweile hab ich mich dran gewöhnt und bin schon froh, wenn ich die doofen Schienen nicht nachts tragen muss.  Ich heule immer so lange, bis Mama aufgibt und mich ohne sie schlafen lässt.

Ich bin sogar schon mit meinem Laufrad gelaufen, das ein Arzt hier aus der Klinik erfunden hat. Er hat es noch mal komplett umgebaut, weil ich so groß geworden bin, und mir eine Kopfablage dran gemacht. So kann ich mich zwischendurch immer mal ausruhen. Jetzt muss Opa noch mal ran, wenn wir wieder zu Hause sind. Der hat es nämlich ganz toll angemalt.

Ich bin vorher schon gern damit gelaufen, habe jetzt, nach dem Umbau schon bestimmt mehrere Kilometer auf dem Flur zurückgelegt, aber jetzt nach der OP geht es noch viel besser!

Ich kann das Bein richtig durchstrecken und den Fuß ganz weit vorn richtig aufstellen und abrollen. Und ich kann die Beine breiter aufstellen, sodass ich nicht immer mit den dicken Orthesenschuhen in der Mitte irgendwo hängenbleibe. Aber bisher bin ich eher nur ein paar Meter gelaufen, ich hab noch zu viel Angst, dass es wehtun könnte, und es ist alles noch so ungewohnt.

Blöd ist auch, dass ich jetzt nicht auf dem Flur laufen darf, wo der Boden so schön glatt ist und viele Leute rumlaufen, die mich motivieren, hinterherzulaufen. Wir sind ja isoliert, und dürfen höchstens draußen laufen. Aber da ist der Boden uneben, es geht bergauf und bergab, und überall liegen Steinchen herum, über die ich nicht gut drüber komme. Das ist alles ganz schön doof!

Beim Baden mache ich die Beine jetzt auf und zu wie eine Schere, vorher habe ich sie immer nur zum Körper hin angezogen und wieder gestreckt. Außerdem hat das warme Wasser total gut getan.

Zahnverlust

Ach ja: Ich habe jetzt meine erste Zahnlücke – das ist echt eine Leistung mit dreieinhalb Jahren! Ich muss wohl bei der OP ziemlich fest auf den Beatmungsschlauch gebissen haben. Das mache ich manchmal, zum Beispiel auch beim Zähneputzen, dann beiße ich zu wie ein Schraubstock, und Mama bekommt die Zahnbürste nicht mehr aus meinem Mund raus. Schon gar nicht mit Gewalt, am besten noch, wenn sie einfach loslässt.

Anscheinend hab ich mir den Zahn dabei selbst rausgebrochen, denn der Arzt, der für die Betäubung zuständig ist, hat Stein und Bein geschworen, dass keiner irgendwas mit Gewalt gemacht hat, so sah es nämlich ehrlich gesagt aus: der Unterkiefer ganz blau und oben auch ein Eckchen vom Schneidezahn ab. Wir waren aber am Mittwoch beim Zahnarzt, und der meinte, es sei nicht so schlimm. So was passiere öfter…

Ich weiß noch nicht, ob ich es noch mal schaffe, was zu schreiben. Die letzten Tage werden sicher wieder stressig. Am Wochenende wollen wir noch ein paar Ausflüge machen. Vielleicht in einen Märchenpark, wo es ein ganz tolles Luftkissentrampolin gibt…

Nächsten Donnerstag fahren wir endlich nach Hause zu Papa, und da warten neue spannende Dinge auf mich. Ich bekomme nämlich meinen eigenen Fahrstuhl…

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